Bhutan November 2017
Erfahrungsbericht
Bhutan ist anders, zumindest anders als alle anderen Länder, in welchen ich bisher gewesen bin. Obwohl das Land bei weitem nicht zu den reichsten der Erde gehört, macht die Bevölkerung insgesamt einen sehr zufriedenen Eindruck. Doch genau in dieser Aussage steckt schon der erste grundsätzliche Fehler eines Bhutan-Reisenden: Die Gleichsetzung von Zufriedenheit und Reichtum. In den meisten Ländern wird für die Bewertung der Lebensqualität das Bruttoinlandsprodukt herangezogen. Bhutan geht einen anderen Weg und hat das "Bruttonationalglück" zum obersten Ziel der nationalen Politik gemacht.

In die Berechnung des Bruttonationalglücks fließen neun Faktoren ein: Psychologisches Wohlbefinden, Verwendung von Zeit, soziale und gesellschaftliche Entwicklung, Schutz der kulturellen Werte, nachhaltiger Umgang mit Resourcen, Lebensstandard, Gesundheit, Bildung und die gerechte Verteilung der Güter.

Auch der Tourismus ist in Bhutan anders geregelt. Man benötigt zwingend eine Reise-Agentur vor Ort und einen einheimischen Führer. Dieser sieht eine Hauptaufgabe darin, daß den ihm anvertrauten Personen auf keinen Fall etwas zustoßen darf. Entsprechend ausführlich können die Sichertshinweise für die ersten Bike-Tage ausfallen. Dabei führen die Pisten teilweise durchaus unmittelbar an steilen Abhängen ohne Leitplanken entlang, aber genauso wie die Todesstraße in Bolivien bieten diese Strecken, verglichen mit Trails in den Alpen, Mountainbikern praktisch immer noch autobahnähnliche Verhältnisse. Außerdem erreicht die Verkehrsdichte bei weitem nicht jene von italienischen Bundesstraßen. Aber genau diese Vergleiche kann ein Tourguide aus Bhutan üblicherweise eben nicht ziehen.

Größtenteils haben wir uns in Bhutan in Höhen zwischen 2200 und 3500 Metern aufgehalten, tiefster Punkt war Punakha mit ca. 1200 Metern, höchster Punkt die Paßhöhe am Chele La auf knapp 3800 Metern. Größere Probleme mit der Höhe hatte ich nicht.

Die Altersstruktur der Gruppe reichte von mitte 30 bis 75. Alle Teilnehmer sind die ca. 1100 Höhenmeter am letzten Bike-Tag von Haa zum Chele La komplett gefahren. Insbesondere der fünfundsiebzigjährige Fritz war phänomenal, wie er auf diversen Paßhöhen zum Endspurt ansetzte.

Einer der absoluten Höhepunkte war die Wanderung zum in der Felswand klebenden Koster Taktshang (Tigernest), bevor es am nächsten Tag vom beschaulichen Bhutan über das dann chaotisch wirkende Delhi nach Hause ging.