Martigny - Zermatt August 2013
Erfahrungsbericht
Es ist doch bemerkenswert, wie gut man eine Alpen-Tour auch mit vergleichsweise mäßigem Trainingszustand überstehen kann. Aufgrund von ungünstigen Arbeitszeiten in den letzten Wochen vor der Tour lief die Vorbereitung bei weitem nicht so wie geplant. So hieß es insbesondere für die ersten Tage: Vor allem Ruhe bewahren. Zu Gute kam, daß sich die Schwierigkeit der Etappen von Tag zu Tag leicht steigerte und so der aktuelle Tag mehr oder weniger als Training für den Folgetag diente.

Doch fangen wir vorne an. Nach reibungsloser Anreise mit der Bahn nach Martigny steht das Einrollen auf Asphalt am Lac de Champex vorbei bis La Fouly im Schweizer Val Ferret auf dem Programm. Es folgt die erste von zwei Nächten in Matrazenlagern, wobei von acht Betten nur drei belegt waren.

Die erste echte Etappe führt mich dann am nächsten Tag zum vierten Mal über den Grand Col Ferret, endlich mal wieder bei ähnlich guten Wetterverhältnissen wie bei der Premiere im Jahr 2005. Weiter geht es über den Col de la Seigne, bevor die Etappe nach der herrlichen Abfahrt in Les Chapieux endet. Im Refuge de la Nova übernachte ich allein in einer kleinen Gartenhütte mit zirka zehn Betten. Die übrigen Gäste, meist Wanderer auf der Tour rund um den Mont Blanc, sind im Haupthaus untergekommen. Eine Gruppe von Mountainbikern treffe ich einige Tage später noch mal bei der Auffahrt zum Col de la Vallee Etroite und ein italienisches Pärchen, welches eine Mehrtagestour mit an der Sattelstütze befestigten Gepäckträgern angegangen ist, mußte nach dem ersten Tag feststellen, daß bezüglich Statik des Gepäckträgers noch erheblicher Optimierungsbedarf besteht.

Weiter nach Moutiers geht diesmal auf der geplanten Route über die Beaufortain-Berge. 2012 hatte ich diese Etappe aufgrund der Wetterverhältnisse durch das Isere-Tal umfahren. Der Folgetag über den Col des Encombres ist identisch mit Route im Vorjahr, endet jedoch bereits in Modane. Da stört der Regen am Paß nur wenig.

Vorbei an dem schiefen Bunker "Maison Penchée" und der Einsiedelei "Notre Dame du Charmaix" führt der Weg zum Col de la Vallee Etroite, macht dann aber kehrt und steuert Bardonecchia auf der "Tour de Mont Thabor" über den Colle della Rho an. Es folgt eine Tagestour mit reduziertem Gepäck zum Colle Sommeiller und über den Mont Jafferau zurück nach Bardonecchia, bevor es dann weiter über die Strada dell'Assietta nach Susa geht. Zwei herrliche Tage, es stört nur der Motorenlärm und der Staub der Offroad-Fahrzeuge.

Von Susa bis ins Aosta-Tal deckt sich der Routenverlauf mit den ersten Etappen der Susa-Riva-Tour-2009, wartet jedoch mit ein paar Besonderheiten auf. Bedingt durch die Betriebsferien der Unterkunft in Mezzenile finde ich völlig unerwartet mit der Albergo Valli di Lanzo in Ceres eine der besten Herbergen in den Alpen überhaupt.

Schon 2009 hatte ich Probleme bei der Wegsuche vom Colle di Gavietta zur Alpe Bianetto. Und damals hatte ich gute Verhältnisse. Diesmal beträgt die Sichtweite teilweise nicht einmal fünfzehn Meter. Auch hier gilt: Vor allem Ruhe bewahren. Beim weglosen Abstieg durch halbhohe Sträucher treffe ich glücklicherweise auf eine Wasserleitung, welche mich zu einem verfallenen Almgebäude führt. Hier reicht die Sicht zumindest, um etwas entfernt zirka hundert Höhenmeter über mir den Bagger auf einer neuen Piste, welche ich schon von der Paßhöhe gesehen hatte, erkennen zu können. Für die fünf Kilometer vom Colle di Gavietta bis zu dem Bagger habe ich über vier Stunden gebraucht, eine Erfahrung, die ich nicht noch einmal machen muß ...

In Cogne scheint die Hauptsaison zu Ende zu sein, zumindest lassen die Zimmerpreise darauf schließen. Nachts gibt es bis runter auf 2600 Meter Neuschnee. Dennoch komme diesmal problemlos über den Col di Pontonnet. Im Aosta-Tal verlasse ich die Route von 2009 und steuer über Torgnon und Cervinia-Breuil den Theodulpaß an. Die Abfahrt zum Trockenen Steg auf der Skipiste ist nur bedingt möglich, teilweise ist der Schnee zu pappig.

In Zermatt gönne ich mir zwei Übernachtungen und warte am frühen Morgen auf den Sonnenaufgang am Matterhorn. Der Blick in die Gesichter der übrigen etwa vierzig Schaulisten läßt mich kurz daran zweifeln, daß ich mich am Ziel einer Alpenüberquerung befinde, wähne ich mich irgendwo in Asien.